Serie „Mein Heimatrevier“:
Berliner Wassersportler erzählen, wo sie sich besonders wohl fühlen – die Unterhavel, Teil I
Von Oliver Klempert

„Wenn der Wind richtig steht, segelt man hier in einem Stück von der Scharfen Lanke bis nach Potsdam, ohne einmal kreuzen zu müssen.“ Günter und Martina Wolber sitzen im Cockpit ihres Nordischen Kreuzers „Rapsodi“, einem Segelboot aus dem Jahr 1961 und machen genau dies. Die Blicke schweifen nach rechts und links, die Stimmung an Bord der beiden gebürtigen Berliner ist entspannt. Das Boot scheint den Weg fast von allein zu kennen. Kein Wunder: Günter Wolber ist diese Strecke schon ungezählte Male gesegelt – er kennt das Revier, wie man so schön sagt, wie seine Westentasche. Der 79-Jährige segelt seit 45 Jahren, ist seit ebenso langer Zeit Mitglied in der Segler-Vereinigung Unter-Havel, einem Klub, der an der Scharfen Lanke beheimatet ist.

Von hier startet Wolber gemeinsam mit seiner Frau Martina regelmäßig – wenigstens einmal pro Woche, oft aber auch zweimal – zu ausgedehnten Segeltouren. Die heutige Ausfahrt erfolgt gemeinsam mit vielen anderen historischen Segelbooten – im so genannten Korso im Rahmen der „Havel Klassik“, Berlins großer historischer Regatta. Diese hatte einen Tag zuvor stattgefunden. Das Ehepaar Wolber hatte hier in der Klasse der Kielboote den fünften Platz belegt. Sofern es klappt, nehmen sie jedes Jahr an dieser Wettfahrt teil. Nun, am zweiten Tag der zweitägigen Veranstaltung, wird mit Musikbegleitung das Revier noch einmal genossen. „Als ich damals in meinen Heimatverein eingetreten bin, hat der damalige Vereinsvorsitzende zu mir gesagt: Junge, das wird mal dein zweites Zuhause“, sagt Wolber. „Damals wollte ich das nicht glauben, heute weiß ich: Er hatte recht.“

Vielen Wassersportlern geht das so – einmal in einem Klub Mitglied geworden, bleiben sie diesem oft jahrzehntelang treu. Auch wenn diese Vereinsverbundenheit früher vielleicht noch ein wenig stärker ausgeprägt war als heute, so gilt nach wie vor: Einmal in einem Klub verwurzelt, wird das gesamte Revier bald als das eigene angenommen. Oder wie Wolber sagt: „Der See vor dem Klubheim wird zum eigenen See.“ Mit den Jahren wachsen wie in einer langjährigen Ehe dann die Bande: „Man verfolgt, wie sich das Revier im Lauf der Jahrzehnte ändert. Man erlebt, wie sich die Schiffe weiter entwickeln, wie ein Gewässer im Lauf der Jahre mal mehr und mal weniger genutzt wird, wie sich die Bebauung um Ufer ändert. Kurzum: Jedes Revier hat seine eigene Geschichte, seine Eigenheiten, seine besonderen Bewandtnisse. Und doch: Viele Kleinigkeiten werden einem erst wieder bewusst, wenn man darüber spricht – so wie bei dieser kleinen Ausfahrt.

Wolber blickt sich um und sagt, während es am weithin sichtbaren Grunewaldtum vorbeigeht: „Am Badestrand Kuhhorn etwa, an diesem kleinen, heute fast zugewachsenen Strand, haben die Engländer während der Besatzungszeit früher Landungsübungen abgehalten.“ Es ist die Zeit seiner Jugend gewesen, denn schon lange bevor er sich ein Segelboot leisten konnte, war Wolber in dem Revier zu Hause: „Ich bin hier oft schwimmen gegangen.“ In den 50er Jahren habe er sogar zwei Sommer auf der Station der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft im Grunewaldturm Dienst getan – die Station gibt noch heute. „Damals konnte man noch gefahrlos über die gesamte Unterhavel schwimmen, weil der Bootsverkehr wesentlich geringer war.“ Nicht vergessen wird Wolber auch, wie er einst auf die viel langsamer fahrenden Schubverbände kletterte, um dann mit einem Kopfsprung wieder abzuspringen. „Das ist heute wegen ihres wesentlich höheren Tempos nicht mehr möglich“, sagt er. Und nicht zuletzt sei auch das Wasser früher klarer gewesen. „Man konnte zwei bis drei Meter tief blicken.“ Doch früher – das ist eben vergangen und Wolber will nicht den Eindruck erwecken, als sei einst alles besser gewesen. „Heute ist es immer noch genauso schön“, sagt er. An einem Tag wie diesem, an dem die Sonne scheint und der Wind nicht zu stark und nicht zu schwach weht, gilt dies natürlich ganz besonders. Das Segeln genießen, die Gedanken fliegen lassen und dabei doch gleichzeitig die Umgebung im Blick behalten und Neues entdecken – das ist der Dreiklang, der dem Ehepaar Wolber bei ihren Ausflügen auf ihrem Boot in ihrem Revier so gefällt. „Wir suchen daher immer auch wieder schöne Anlegemöglichkeiten“, ergänzt Martina Wolber. Das kann vor einem am Wasser gelegenen Restaurant aber auch bei anderen Vereinen sein. Im Wettfahrtbezirk Unterhavel sind rund 30 Mitgliedsvereine beheimatet. Zu den größeren gehören der Spandauer Yacht-Club, der Segler-Club Oberspree, der Segler-Verein Stößensee sowie der Segler- Club Gothia. Zu den bekanntesten Regatten zählt im Revier die „Havel Klassik“. Jeder kennt auch die "Prosit IV" des Akademischen Segler-Vereins, ein Schiff, auf dem Studenten segeln lernen können – zudem ist es eines der größten Schiffe auf dem gesamten Berliner Segelrevier. „Zwischen unseren Vereinen gibt es einen regen Kontakt, der sehr gepflegt wird“, sagt Wolber. Die Fahrt führt schließlich bis zur kleinen, unbewohnten Flussinsel Imchen der Havel vor Kladow.

Diese rundet das Ehepaar auf ihrem Boot. „Wir versuchen bei jeder Ausfahrt, sofern es die Windbedingungen zulassen, einmal eine Insel zu umrunden“, sagt Martina Wolber. Direkt gegenüber am Ufer liegen Stege und viele Restaurants. „Bislang haben wir es aber noch nie geschafft, dort einmal anzulegen“, sagt Wolber. „Etwas muss man ja aber auch immer noch mal vorhaben.“ So geht es schließlich zurück die Unterhavel wieder hinauf – diesmal muss aber gegen Wind gekreuzt werden. Es folgen daher Wende um Wende, bis das Ziel, Wolbers Heimatverein, die Segler- Vereinigung Unter-Havel, in Sicht ist. Gemeinsam legen Martina und Günter Wolber das Boot an. Wolber läuft den Steg entlang, vorbei an einem 20er Jollenkreuzer, der ebenfalls ihm gehört. „Nie hätte ich früher einmal gedacht, dass ich mir einmal ein Boot leisten könnte. Geschweige denn zwei“, sagt er. Dann geht er die Stufen zur Terrasse des Klubs hinauf – von dort kann er die Unterhavel weit überblicken. Er schaut hinaus auf sein Revier.

In wenigen Tagen wird er wieder dort draußen sein.

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